Letzten Sonnabend
gab's im ORB Preußen satt. War ja auch verständlich,
denn es war auch Lange Nacht der Schlösser und Gärten
in Potsdam, da bietet sich das Thema ja an.
Das Leben der Königin Luise wurde dem
Zuschauer durch historische Fakten, zeitgenössische Zitate
und eine nette Moderatorin näher gebracht. Charmant erzählte
sie von den patriotischen Tugenden der preußischen Königin,
und damit wir das auch mal sehen könnten, versprach sie
uns Bilder aus einem wirklich, wirklich großen Film, der
- wen wundert's - in einer Zeit entstand, als noch große
Filme gedreht wurden.
Erstaunt dachte nun ich Zuschauer "Luise
in einem großen Film. Welcher denn? Doktor Schiwago? Kommt
sie nicht drin vor. In Ben Hur auch nicht und Pulp Fiction kann
ja wohl auch nicht gemeint sein...." Gespannt wartete ich,
welchen wirklich großen Film ich wohl in meinem bisherigen
Filmleben verpasst hatte. Dann zeigte der ORB netterweise Ausschnitte
aus besagtem filmischen Meisterwerk, und mir kamen die Bilder
irgendwie bekannt vor.
Richtig: Das, was da lief, war "Kolberg",
eines jener filmischen Highlights, die einem Ministerium zu
verdanken sind, dessen Chef Goebbels hieß. Leider hat
der nie einen Oscar gewonnen, obwohl viele seiner Produktionen
es sicher verdient gehabt hätten. Nehmen Sie nur den Blockbuster
"Jud Süss" (1940), oder den preisverdächtigen
Dokumentarfilm "Der ewige Jude" (1941) In diese Reihe
großer Filme verdient nun auch "Kolberg" aufgenommen
zu werden.
Sicher, thematisch ist er ein wenig anders
gelagert, aber er stellt ja auch quasi das Alterswerk des Filmschaffenden
Goebbels dar. Fachleuten ist natürlich längst bekannt,
dass sein filmische Oeuvre von antisemitischen Filmen über
heldenhafte Blitzkrieg-Filme bis hin zu aufopferungsvollen Durchhalten-bis-zum-letzten-Mann-Filmen
ging. In diese letzte Kategorie passt nun "Kolberg"
wunderbar. "Kolberg" ist letztlich sogar der Durchhaltefilm
schlechthin. Böse Russen, ähm, Entschuldigung, Franzosen
wollen das friedliche Kolberg, das keinem etwas getan hat, plattmachen,
einfach so, ohne Grund; aber heldenhafte preußische Bürger
werfen sich den anbrandenden französischen Aggressoren
entgegen, obwohl oder grade weil das Militär schon feige
das Feld geräumt hat. Soviel Edelmut hätte einen Oscar
verdient, jawoll. Aber Tom Hanks stand für die Hauptrolle
nicht zur Verfügung, und außerdem hat Hollywood der
Ufa ja noch nie die Butter aufs Brot gegönnt.
Eine Oscarreife ORB-Sendung. Mit einer Moderatorin,
der Whoopie Goldberg nicht das Wasser reichen kann (zumal die
ja nicht mal weiß ist) und einem die Filmgeschichte endlich
gerade rückenden Plädoyer: "And the Oscar goes
to Joseph Goebbels".
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