Um diese Geschichte schreiben zu können, muss ich wohl oder
übel ein Geständnis ablegen: Ja ich mag Fußball. Das dies ganz
schön hart für mich ist, können Sie mir glauben. Lebe ich doch
in einem durchweg intellektuell stimulierten Umfeld, und außer
meiner Mutter (die ist übrigens VfL-Wolfsburg-Anhänger) bedenken
mich alle mit schrägen Blicken, wenn ich beginne und von Tabellen,
Meisterschaftschancen oder dummdreisten Schiedsrichtern zu erzählen.
Aber
egal, mit Theodor Adorno befinde ich mich in guter Gesellschaft,
obwohl ich kein Eintracht-Frankfurt-Fan bin. Es ist halt die
Dramatik, die einen durchaus in den Bann ziehen kann. Und davon
gabs diese Saison ja zuhauf: Das Wimpernschlagfinale in der
Bundesliga, der gleichzeitige Tod des Fußballgotts (+ 19.05.01
um 17 Uhr 22) und, ja genau: der Aufstieg von Babelsberg in
die 2. Bundesliga. Ganz Potsdam freut sich, eine Region im Fußballfieber
sozusagen. Auf einer WEB-Site, die so ähnlich heißt wie diese
hier, wird dem ruhmreichen SV Babelsberg gratuliert, nachdem
er Köln, Lübeck und Münster - keine Angst, nur besiegt, aber
nicht dem Erdboden gleich gemacht hat.
Und
demnächst dürfen sie gegen so traditionsreiche Mannschaften
wie Bielefeld, Reutlingen oder Ahlen ran. Ja, Ja, unsere Babelszwerge.
Mir ist zwar gar nicht aufgefallen, dass alle Spieler zwergenhaft
unter 1,50 sind, aber selbst wenn, Thomas "Icke" Hässler und
Piere "Litti" Litbarski sind oder waren ja trotzdem halbwegs
gute Spieler, ganz zu schweigen von Diego "Die Hand Gottes Koksnase"
Maradona. Zusammen mit den sieben Zwergen von Schneewittchen
wären sie dann sogar auch schon 10 und bräuchten nur noch einen
Torwart. Wenn der aber auch ein Zwerg ist, sehe ich für das
Fortschreiben der ruhmreichen Geschichte dann doch Schwarz.
Aber
genug, nur damit wir uns nicht missverstehen, ich find es toll,
dass Babelsberg aufgestiegen ist. Also Glückwunsch! Ich werde
jetzt auch immer DSF gucken. Darum geht's mir auch gar nicht.
Vielmehr ist es die Frage, warum Potsdams 1. Bundesliga-Mannschaft
nicht die selbe Euphorie auslöst? Jetzt wundert sich wohl dieser
oder jener und fragt sich im Stillen, ob Berlin jetzt doch eingemeindet
wurde. Ist es nicht! Und ich spreche auch nicht von Hertha BSC.
Es
geht um Turbine Potsdam, die diese Saison vor Mannschaften wie
Bayern München und Wolfsburg (Tschuldigung Mutti) auf Platz
2. (!) der 1. (!!) Fußballbundesliga beendeten - vom erreichen
des DFB-Pokalhalbfinals (!!!) will ich gar nicht reden. Ich
ahne nur, warum sich die Begeisterung in Potsdam in Grenzen
hielt. Dass es sich bei Turbine um eine Frauenmannschaft handelt
(der Gewohnheit wegen werde ich auch in Zukunft nicht Frauenfrauschaft
schreiben), kann ja wohl nicht der Grund sein.
Schließlich
ist Frauenfußball überall in den Medien präsent. Fast schon
überproportional. Schlug man die MAZ auf, sah man als erstes
ein Interview mit Diana Staat, Franziska Liepack oder einer
anderen Spielerin, griff man dann zur PNN, musste man sich durch
seitenlange Spielberichte arbeiten. Von den stundenlangen Spielübertragungen
von PSF und ORB will ich gar nicht reden. Da ist es nur natürlich,
wenn der SV Babelsberg endlich auch einmal größere Aufmerksamkeit
erfährt und Turbine in der Versenkung verschwindet. Lange genug
standen sie ja im Focus des Interesses. Verdient haben sie`s!
Zweiter Platz hin, Pokalhalbfinale her. So!
Jedoch
ich will nicht zu wild spekulieren. Wahrscheinlich erklärt sich
das Desinteresse an der Leistung der Turbine-Frauen nur damit,
dass sie diese Saison schlichtweg nicht aufgestiegen sind. Das
ist natürlich nicht ihre Schuld, schließlich gibt es einfach
nichts mehr, wo sie hinaufsteigen können. Mein Tipp ist demnach
nur folgerichtig. Einfach im nächsten Jahr absteigen, um dann
im übernächsten Jahr aufsteigen zu können. Und dann noch in
die 1. Bundesliga. Das Medienecho der Potsdamer Presse ist dann,
glaub ich, unvorstellbar, die Lobesrede vom Bürgermeister dauert
2 Tage, anschließende wochenlange Jubelfeier auf Altem und Neuem
Markt.
Ach
ja, und Geld gibt's dann auch ohne Ende von der Stadt, so dass
Turbine dann in drei Jahren bestimmt die Champions League gewinnt!
Wie, die gibt es nicht für Frauen? Woran das liegt, weiß ich
nun aber wirklich nicht mehr. Na ja, egal wie es wird, ich denke,
ich werde im nächste Fußballjahr öfter mal ins Stadion gehen
- und zwar zu Turbine
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