Saftige Performance
Es regnet Kühe und Flatze
Von Mathias Rau

Erst wollte ich ja hingehen. Mir die böse Provokation des Wolfgang Flatz selbst ansehen. Mich zu 8.000 kopfschüttelnden Moralaposteln, schluchzenden Tierschützern und sensationsgeilen Berlinern gesellen. Aber dann hatte ich Bauchschmerzen bekommen.

Nun bin ich aber gerade über den Magiermeister Wolfgang Flatz, der Kühe und sich selbst vom Himmel schweben lassen kann (und darf!), im Fernsehen gestolpert. Genauer gesagt, bei der wunderbaren Sendung des Christian Ulmen. Dort wird mir dann alles nochmal gezeigt. Und vom Meister persönlich erklärt.

Folgendes war passiert (wer's kennt, kann einen Absatz weiter unten weiterlesen): Flatz hatte die Idee, den BSE-Irrsinn optisch umzusetzen (wie aktuell). Zentralstück der "Performance" war eine Kuh, von Flatz gekauft, gehäutet, ausgenommen und enthauptet, die mit Hilfe eines Hubschraubers aus 45 Metern Höhe in eine Baugrube an der Prenzlauer Allee fallen gelassen waurde. Parallel dazu gab's eine Explosion. Und Flatz selbst hing derweil von einem Kran herunter, wickelte sich aus einem blutbesudelten Laken und sang (sprach) dazu sein neues Liedchen "Fleisch".

Jetzt könnte man natürlich auf den Gedanken kommen, es handele sich hierbei um eine PR-Aktion für seine CD. Weit gefehlt. Meister Flatz hatte selbstverständlich anderes im Sinn. Nicht mal um Provokation wäre es gegangen, so der "Künstler" bei Ulmen, jedenfalls nicht um der Provokation willen. Während er das sagt, dreht er sich in seinem Drehstuhl, zeigt stolz sein Strichcode-Tattoo und sieht endlos weise aus. Interessant sind nur seine Aussagen zum Kultursenat (Zitat: "Klar, das ist toll, Herr Flatz, das machen wir. Endlich mal was los, große Kunst, ist ja sonst wie in New York hier") und seine Behauptung, die Kuh sei nicht, wie allenthalben zu lesen war, extra für seine Performance geschlachtet worden, sondern hätte wegen BSE sowieso gekeult werden müssen.

A propos lesen. Die Bild hat sich die Story natürlich auch nicht entgehen lassen und sich zur Stimme der Empörten gemacht. Zuerst gaben die Redakteure der Kuh den Namen "Bodo". Täglich, so Flatz, hätten sie sich nach Bodos Befinden erkundigt. Und verzweifelt gejammert, als Bodo die Kuh nun doch in den Bullenhimmel geschickt wurde. Was mich beinahe dazu anregt, der Springerpresse in einem Leserbrief zu erklären, dass es auch bei Tieren Männlein und Weiblein gibt.

Am Ende von Flatz' Auftritt bei Christian Ulmen durfte noch eine Anruferin namens Stefanie ihre Meinung kundtun. Jawohl, sie sei dabeigewesen und habe alles ganz furchtbar schrecklich eklig gefunden, nein, sie esse kein Fleisch, und man könne sowas nicht machen, wo doch in Afrika Kinder vor Hunger sterben müssen. Flatz sagte Ja und er sehe das genauso, und darauf habe er ja auch aufmerksam machen wollen. Dann darf er nochmal seine CD in die Kamera halten und gehen, Gott sei Dank.

Zum Schluß fällt mir noch die Bemerkung eines achtjährigen Jungen ein, der sich die ganze Sache zusammen mit seiner Mama angesehen hat. Der fand den "Mein Fleisch, Dein Fleisch" rammsteinelnden Flatz in seinem Laken weitaus grausiger als die fliegende Kuh. Fehlt nur noch, daß einer sagt, man hätte das falsche Stück Fleisch fallengelassen.

© POTZDAM 2001 - Mathias Rau