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                      | Helmke 
                          (USV) versus Gänsel (Mensch) |   
                      | Ungehöriges 
                          Verhalten von Senioren in der Öffentlichkeit (Teil 3) |  |   
              | Von 
                  M. Gänsel |   
              |  
                  Der Uni-Sport ist eine feine Sache. Ach, 
                  da geht's schon los: Der Hochschulsport ist eine feine Sache. 
                  Er ermöglicht es nämlich normal sterblichen Studenten 
                  wie mir, in einer ihnen bis dato unbekannten Sportart erste 
                  Schritte, ja erste Fortschritte zu machen. Es gibt Anfängerkurse 
                  in allen möglichen Bewegungsarten, und Tennis ist eine 
                  davon. Beim Tennis nun ist anzumerken, das es winters in einer 
                  hässlichen Halle in Golm, sommers jedoch auf den klasse 
                  Plätzen am Neuen Palais gespielt wird. Herr Harder ist 
                  unser Trainer, denn einer muss immer dabei sein, und Herr Harder 
                  macht seine Sache ganz hervorragend. Wir lernen was, und Spaß 
                  machts auch noch. Nun sind aber Semesterferien, und "in 
                  den Ferien wird nicht gespielt, da fahren wir alle weg," 
                  winkt Herr Harder ab. Verständnisvoll nicken die Eleven, 
                  klar. Zeit ist Geld, und es muss eben jemand dabei sein. Wir 
                  räumen zwar immer auf und richten die Plätze wieder 
                  her nach dem Spielen, aber für den Schlauch zum Abspritzen 
                  braucht man einen Schlüssel. Mit wem könne man denn 
                  da verhandeln, fragen wir. Wer hat denn die Mütze auf hier. 
                  Herr Helmke hat sie auf, im wahrsten Sinne: "Der muss hier 
                  irgendwo sein, hat ne weiße Mütze auf mit USV drauf. 
                  Und n Honda-T-Shirt," murmelt Herr Harder. Er will das 
                  Thema nicht vertiefen, und wir trotten los. Ein paar Meter weiter verschwindet gerade, 
                  als wir uns nähern, eine weiße Mütze hinter 
                  einer morschen Baracke. Wir schlenkern mit unsern Tennisschlägern 
                  und schlendern hinterher. Auf einer klassischen Einwechsler-Bank 
                  sitzt breitbeinig, wie nur Sportler sitzen können, ein 
                  Mensch mit weißer USV-Mütze, deren Aufschrift sehr 
                  gut zu erkennen ist, weil der Mensch auf den Boden guckt. Im 
                  Augenwinkel sehen wir noch eine weiße Mütze in der 
                  Baracke, die sich schleunigst ins Dunkel des unwirtlichen Baus 
                  zurückzieht - wahrscheinlich Medizinbälle zählen. |   
              | 
                  "Guten Tag. Herr Helmke?""Hmpf."
 "Sind Sie Herr Helmke?"
 "Wat jibbs?!"
 "Wir sind im Tennis-Kurs von Herrn Harder und nun sind 
                    ja bald Ferien und wir wollten --"
 "Könnse vajessn."
 Bitte mitdenken: Weiterhin ist der Kopf 
                    gesenkt, die Worte sind nur rudimentär zu verstehen, 
                    die Stimmlage aggressiv bis gnadenlos hasserfüllt. Wir 
                    gehen einen halben Schritt zurück. "Herr Harder 
                    meinte, dass Sie die Anlagen betreuen," versuche ich 
                    es hintenrum, "und also wäre es ganz toll, wenn 
                    wir mal --" Sinnlos. |  |   
              | "Ick hab jesacht des könnse vajessn!! 
                  Solln die det doch machen, sind doch so viele!!" Die? Herr Harder? Ich erkläre, dass 
                  die ja alle im Urlaub sind dann und wir deswegen eventuell vielleicht. 
                  "Ham Sie Aufbaustunden jeleistet?!" Inzwischen steht 
                  er und blafft feucht in unsere verblüfften Gesichter. "Sie 
                  müssn Aufbaustunden leistn und im Vaein sein!!!" Wir 
                  stehen wie Piek Sieben. Wow. Also mal von vorn. "Im Verein? Welcher Verein?""Na der USV!!!"
 Wahrscheinlich meint das irgendwas mit Uni, Sport und Verein. 
                  USV. Ah ja.
 "Wie wird man denn da Mitglied?"
 "Sie könn' da nisch Mitglied wern!!"
 "Warum nicht?"
 "Weil Sie nich Tennis spieln könn'!!"
 Wir haben einen Schläger in der Hand, kurze Höschen 
                  an und Turnschuhe.
 "Ähem, wir haben da eben..."
 "Habick doch jesehn, sie könn' doch ja nich spieln. 
                  Tennis is mea als wie bloß n Ball übers Netz kloppn!!!"
 Seine Stimme überschlägt sich, trutzig steht er vor 
                  uns, klein ist er, und das USV-Logo auf seinem Kopf ist noch 
                  immer gut lesbar. In die Augen kann er einem auch nicht sehen, 
                  so wütend ist er. Die Arme hängen herab, die Fäuste 
                  sind geballt. Was hatter nur.
 "Es gibt also keine Möglichkeit, 
                  dass wir...?""KÖNNSE VAJESSN HABICK JESACHT!!!"
 Wir gucken ihn an. Gucken uns an. Gehen 
                  weg. Er ist längst weggegangen von uns, seitwärts 
                  hat er sich fort geschlichen, hochrot das Gesicht, möffend 
                  der Mund. Herr Helmke hat ganz doll schlechte Laune. Er hasst 
                  den Hochschulsport. Da kommen die Deppen rein. Untrainierte, 
                  übergewichtige Strunzen. Unwertes Sportlerdasein. Unolympisch! Nein, für Herrn Helmke gibt's nur USV. 
                  Der Uni-Verein. Jeder Sportwissenschaftler ist dort wahrscheinlich 
                  qua Immatrikulation drin. Beiträge zahlen, Aufbaustunden 
                  leisten. Bau auf, deutscher Sportler. Halte dich fit. Sehnig 
                  die Jungen und Mädchen, hart der Ball. Immer am Netz. Wer 
                  gut ist, ist im USV. Die Elite darf immer spielen. Auch, wenn 
                  Ferien sind. Es lebe der Unisport. |   
              | © 
                POTZDAM 2001 - Text: M. Gänsel, Illustration: Antja Barke |    |