Analphabetenschubsen
Wer lesen kann, ist auf der BUGA klar im Nachteil
Von Axel Courvoisier

Am Sonnabend war ich auf der BUGA! Na gut, ich gebe es zu: nicht das erste Mal. Als stolzer Besitzer einer Dauerkarte schaue ich ab und zu mal rein, mal sehen, was es Neues gibt. Außerdem will ja jeder Besuch sofort "Auf zur BUGAAAA" (deshalb auch die Dauerkarten).
Davon mal abgesehen, dass 5 DM für eine BUGA-Broschüre unverschämt sind, besonders dann, wenn man nirgends anders eine Karte vom Gelände auftreiben kann, gefällt es mir auch ganz gut.

Von diesem Mal (und vielleicht den nächsten Malen?) abgesehen.

Ich war mit den Schwiegereltern da. Blumenbegeistert wie sie sind und beeindruckt von der Biosphärenhalle, wollten sie gleich mal rein da. Los ging's.
Wir traten ein und folgten sofort den Schildern "Rundweg". Treppe hoch und über die Brücke. Die war ein wenig wackelig, aber meiner Schwiegermutter wurde nur ganz wenig schlecht. Glücklich auf der anderen Seite angekommen (auch die kleine Dusche durch die Beregnungsanlage war ganz angenehm), hielten wir Ausschau nach weiteren Wegweisern. Sollten wir nun nach links in einen dunklen Raum oder nach rechts einen Weg entlang, der nach unten führt? Aha, da ging's weiter, ein Schildchen wies den Weg: ab in den dunklen Raum mit Geräuschen und Fernsehern.

Sackgasse! Oder doch nicht? Nein, da ist ja noch ein Fahrstuhl, mit dem muss man also nach unten. Gesagt, getan, der Fahrstuhl wird gerufen, die Tür geht auf und es strömen Leute heraus. Warum eigentlich, na ja, auch egal.

Wir steigen ein und fahren nach unten.

Weiter geht's dem Rundweg hinterher. Woher kommen all diese Menschen auf der Gegenfahrbahn? Haben wir irgendein Schild übersehen?? Oh, eine ganze Reisegruppe von vorn, ein Ellenbogen in meiner Seite, ein grimmiger Blick eines älteren Herren: "Die jungen Leute müssen wieder Geisterfahrer spielen!" Mein Blick zurück: "Ich bin richtig, schau Dir doch die Schilder an!". Rascher Blick zum nächsten Schild, ja ich habe Recht, wir sind auf dem vorgeschriebenem Weg. Ha!

Wieder eine Reisegruppe von vorn, puh vorbei, wir sind unter dem Wasserfall. Hier ist ein wenig mehr Platz, eine Ruhepause ist nötig.

Nach 5 min stürzen wir uns wieder in das Abenteuer. Jetzt weiß ich, was es heißt, gegen den Strom zu schwimmen. Meine Frau und meine Schwiegermutter sind völlig fertig. Es wäre zwar noch Einiges zu sehen, aber die Aussicht, uns noch durch die drei nächsten Reisegruppen zu drängeln, ist nicht besonders berauschend. Na gut, da ist ein Ausgang. Auf dem Weg dahin höre ich noch eine Bemerkung aus einer Reisegruppe: "Der Rundweg zeigt jetzt ja in die andere Richtung, sind wir irgendwo falsch gegangen?" -

Bleibt jetzt nur die Frage: Sind die Schilder nicht auffällig genug oder ist der Analphabetismus in Deutschland doch so verbreitet? Man KÖNNTE natürlich den nach unten führenden Weg absperren, so war es nämlich bei meinem ersten Besuch auch. Aber dann würden sich die Massen ja nur in eine Richtung bewegen. Vielleicht heißt die Devise aber auch, nach Goethes Faust: "Solch ein Gewimmel möchte ich sehen..." Die BUGA-Mitarbeiter wollen sicher auch ihren Spaß...

Wer lesen kann, ist klar im Nachteil. Aber viel Spaß immerhin.

© POTZDAM 2001 - Axel Courvoisier