Der Satz des Monats
Sarah Khan: Gogo-Girl
Von M. Gänsel

Bücher sind Trost. Der schönste Trost dieses Jahres widerfuhr dem Verfasser dieser Zeilen durch ein Buch, das schon ein bisschen älter ist. Es erschien 1999, heißt Gogo-Girl, und geschrieben hat es Sarah Khan. So richtig hat es Sarah Khan erst seit diesem Jahr in die Literaturbeilagen geschafft, weil sie einen zweiten Roman geschrieben hat, der heißt Dein Film. Und wir wissen ja: Mit dem ersten gleich einen Erfolg, na gut. Aber der zweite muss hinterherkommen, sonst wird das nix. Das Zeug zum zweiten, Sarah Khan hat es. BSB hat gar das Zeug zum sechsten. Tschuldigung.

Gogo-Girl ist ein Romänchen (Seitenzahl: 154), das eine kleine Geschichte über eine junge Frau und eine Rockband erzählt. Es liest sich flugs dahin, der Ton ist lakonisch, der Humor pupstrocken, und wenn die Erzählerin mal hinlangen will, hält sie sich nicht lange mit Bedenken auf, sondern schreibt z.B. Sätze wie "Alle Schwachen der Welt, bitte wiederholen: ‚Ich komme jetzt alleine klar, die Wohnung ist umgebaut, meine Freundin hilft mir etwas, das reicht." - Schade, dass nicht alle Schwachen dieser Welt Gogo-Girl lesen werden.

Denn unsere Hauptheldin ist schwach, und sie weiß es. Sie rennt ihrem Ex-Freund hinterher, und das macht ihr nicht das geringste. Sie sieht die Menschen um sich herum, auf die eine ist sie ein bisschen neidisch, den andern belächelt sie ein wenig, aber keiner wird geächtet. Sie kann staunen. Sie ist wahrhaft cool, glauben Sie mir. Aber sie ist eine Frau, und dann wird Stärke bekanntlich zu einer verzwickten Sache. Sarah Khan lässt ihre Heldin diese Misere in einer der schönsten Weisen formulieren, die ich je las:

"Ich bin nicht doof. Ich bin wirklich nicht doof, ich bin belesen, ich bin auch nicht soo hübsch. Aber ich habe so viele Frauengefühle. Weil ich nun mal kein Mann bin."

Erklärende Sätze über Emanzipation und Frauendings und alles erübrigen sich, Khan hat das sehr schön zusammengefasst. An anderer Stelle stöhnt sie: "Wie kann man einer anderen Frau nur vorwerfen, von Männern Bestätigung zu brauchen." Das ist eine sehr schöne Sicht der Dinge, es ist, wie es ist. Was auch bei Sarah Khan nicht heißt, dass man das nicht alles über den Haufen schmeißen und ignorieren kann. Die Erzählerin ist auf eine sehr erfrischende Weise inkonsequent, und sie schämt sich kein bisschen dafür. Und weil das so leise und schulterzuckend daherkommt, ist das ein Trost.

© POTZDAM 2001 - M. Gänsel