Heimann kann's wirklich
Eine haarige Lobhudelei
Von Markus Wicke

"Was Friseure können, können nur Friseure", wie oft haben Sie diesen Werbespruch der scherenschwingenden Zunft schon höhnisch zur Kenntnis nehmen müssen. Immer dann fiel er Ihnen ein, wenn die Sandra, die Birgit oder irgendeine andere blondgeschlankte Tusnelda aus dem "Hair-Studio", dem freundlichen "Hair-Team" oder der Coiffeuria (ok, das letzte war jetzt ausgedacht) mal wieder ganze Arbeit geleistet haben: Einen falsch oder gar nicht beraten, einem die Haare dann so zurichten, wie man es garantiert NICHT will und zum Schluss, wenn man einfach nur noch unter die heimische Dusche möchte, einem noch irgendwas Teures an der Kasse aufschwatzen, das Supi-Dupi-Gel, die kleine Tube für 20 Mark: ja, das können Sie wirklich, die Friseure. Und so ist die Suche nach einem guten Friseur des Vertrauens einem Lottospiel vergleichbar: man investiert Unsummen ohne wirkliche Aussicht auf Erfolg.

Mich können Sie daher beneiden, denn ich habe ihn gefunden, den Meister des Haarschneidegerätes, die hohe Schule des Kämmens und Gelens. Und er ist auch ganz in Ihrer Nähe.

Na? Soll ich's wirklich verraten? Auf dass die gesamte Leserschaft die Termine auf Monate hinaus ausbucht?

Ach egal, ich sag's Ihnen: FRISEUR DIRK HEIMANN lautet schlicht der Name des Geschäftes gegenüber der Wilhelmgalerie, ohne Schnickschnack sich modisch gebender denglischer Wortkreationen; und ebenso so schlicht und schön ist die Einrichtung des Ladens. Die Wände strahlen in einem schwebenden Lichtgelb, ein kleiner aber edler Leuchter hängt von der Decke herab, und ein immer frisches apartes Blumengebinde steht auf dem Tresen: all das gibt dem ansonsten recht aufgeräumt wirkenden Raum eine fast sakrale Note.

Auch wenn man warten muss, freut man sich aufs Haarschneiden, dauert es gar zu lang, wird vom immer freundlichen und unaufdringlichen Personal Kaffee oder Saft kredenzt. Ansprechende Lektüre fernab von "Frau im Glück oder Spiegel" liegt dazu bereit. Wenn man überhaupt zum Lesen kommt, denn an den Wänden gibt es statt drögen Wella-Postern mit Fönhaarmodellen immer wechselnde großformatige Gemälde von der Hand Alexanders von Agoston.

Dazu die geschickt und wie zufällig gewählte Musik; fast immer ein wenig sphärisch und fast immer dem Laden entsprechend originell (oder haben sie schon mal Hildegard Knef und Anne Clark beim Friseur gehört?).

Aber kommen wir zum Haarschneiden, was bei Heimann schon fast zur angenehmen Nebensache gerät. Der Gast wird zunächst zum Drehstuhl geleitet und nach seinem Wunsch gefragt. Spürt die Fachkraft, in unserem Fall die unübertroffene Kathrin, Zweifel beim Kunden oder Unmut über die eigene Unentschlossenheit, bohrt sie kundig nach und berät, statt irgendwie drauflos zu raspeln. Ist man Stammkunde, merkt sie sich sogar die Extrawünsche und die Gesprächsthemen der letzten Session (Lästern über Mittelscheitel und Herrenzöpfe).

Und dann wird sanft gewaschen mit wohltemperiertem Wasser, der Kopf massiert (ein wenig peinlich diese Prozedur, da man nie weiß, wo man dabei hingucken soll), und los geht es mit Schere und Haarschneider.

Zwischendurch nachfragen, BEVOR zuviel weg ist ("Ach, das wächst wieder nach!" haben wir noch nie hören müssen), und am End' der Rundumblick mit dem zweiten Spiegel. Alles picobello, wie immer.

Gut, werden Sie sagen, aber ist er auch billig, der Heimann? Nein, billig ist er sicher nicht (aber auch nicht zu teuer), aber billig hatte man ja auch viel zu lange, oder?

FRISEUR DIRK HEIMANN
Charlottenstr. 84
Telefon: 0331-280 42 42

Waschen/Schneiden/Fönen/Gelen für den Herrn: 38.00 DM

© POTZDAM 2001 - Markus Wicke