"Du nee du, brauchste
alles nicht, einfach hin und los, da ist gleich am Flughafen
was, da kannste tauschen, aber mach mal nicht soviel, weil dann
in der Stadt isses viel günstiger, ich kann dir das aufmalen,
du nimmst dann den Bus..."
"Na klar Tasmanien und alles, haben
wir alles gemacht, haben wir alles gemacht. Wir warn ja ewig
unten, ich meine für drei Wochen mal das lohnt nicht. Also
Tasmanien MUSST du machen, du warst nicht unten, wenn du Tasmanien
nicht gesehen hast. Haben wir alles gemacht, haben wir alles
gemacht."
Vier Leute, zwei (Mann, Frau) haben offensichtlich
den Tisch im Griff, wobei er wiederum sie im Griff hat, denn
obgleich sie offensichtlich ebenso viel weiß über
den Ort, darf sie nicht erzählen. ER ERZÄHLT. Dass
das mal klar ist. Die beiden andern, auch jeweils Mann und Frau,
kennen sich und das Paar nicht so gut und hören ergeben
zu. Sie will hin, wo die andern drei schon waren: AUSTRALIEN.
"Ick war no nie so weit weg ey,"
salbadert das Mäuschen und himmelt den parlierenden Zopfträger
an. "Ick bin rischti uffjeregt, sollickn füa klamottn
mitnehm?"
"Du nee du brauchst ja nichts, ich
meine einmal Winter einmal Sommer, würde ich sagen, ich
hatte damals zweimal Sommer und einmal Winter mit, also eine
Jeans auf jeden Fall, wenn's mal kalt wird. Und im Sommer eben
gerne was zum Wechseln, weißte." Jetzt darf sich,
beim Thema Wäsche, auch mal seine Kirsche einmischen: "Dü
dös gannsde doch einfoch mo dorschwaschn, dös is ja
gleisch wiedor droggn," erklärt sie ihr bisheriges
Schweigen. Er übernimmt wieder. "Also und zwei paar
Schuhe, das ist ganz wichtig. Also ein paar feste Schuhe, ich
hatte da so richtige Out-Door-Dinger, weißte. Und dann
hatte ich Sandalen, also schon so welche mit dicker Sohle, weißte.
Weil ich meine im Wasser und so, wenn du da mal reingehen willst,
und dann sind da Korallen oder was, ich meine, das ist total
toll, wenn du da Sandalen anhast. Ich hatte immer meine Sandalen
an, praktisch hatte ich NUR meine Sandalen an."
Er lehnt sich zurück, sein Multikulti-Sackoberteil
spannt über dem Bauch, sein Zopf fettet gen Nacken. Wenn
er könnte, würde er schreien, so wohl fühlt er
sich. Auf eine schwer zu erklärende Art ist das fast rührend.
"Wie isset denn mit die medißienische
Vasohgung," intellektualisiert die bald Reisende das Gespräch.
"Du das ist ein großes Land, ich meine so in der
Nähe ist da erst mal gar nichts. Ich geb dir nur einen
Rat, alles andere kriegste hin, da findet sich ne Lösung.
Aber einen Rat geb ich dir, einen Rat: Wenn du in den Tropen
ne Wunde hast, SOFORT DESINFIZIEREN. Sofort. Das gibt's hier
in der Apotheke, ich schreib dir das auf, warte. SOFORT. Ehrlich."
Wehmütig schaut er zu den Sternen.
"Ich kenn einen, der ist total in Ordnung. Der lebt da
richtig, so aussteigermässig, und also der ist total in
Ordnung. Der hat NICHTS, kein Geld, kein Konto, NICHTS. Und
der lebt vom Fischfang, so direkt am Strand, seine Nachbarn
da sind auch total in Ordnung, die sind so lieb alle, echt.
Auch alles Aussteiger, Freaks, so Leute." (Wie wir, möchte
er hinzufügen, aber das wäre ein bisschen gelogen.)
Dann kommt der schönste Satz: "Als
ich klein war, mein bester Freund und ich, wir haben immer vom
Reisen geredet. Weg hier, wir wollten immer weg hier, schon
als Kinder. Deutschland, das isses einfach nicht, weißte."
DEUTSCHLAND, DAS ISSES EINFACH NICHT.
Yeah. Muss ne schlimme Kindheit gewesen
sein. Ich kenne kein Kind, das in der Lage ist, aus Deutschland
wegzuwollen. Aber gut, weltreisende Freiheit. Es ist ein Ding,
wie spurlos das Bereisen ferner Länder, das Verweilen in
anderen Kulturen an einem vorübergehen kann. Er ist so
deutsch (pingelig, oberlehrerhaft, dumm-dominant) wie nur was,
aber er hat wahrscheinlich immerhin nix gegen Ausländer.
Obwohl man sich den Satz mit dem Rhythmus und den Schwarzen
gut vorstellen kann bei ihm. Aber das ist ja AUCH nur ein Klischee.
Ja.
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