"Also der Kosslick hat ja..."
Berlinale-Blitzlichter
Von Astrid Mathis

Dieter Kosslick - zum zweiten Mal Festivalleiter und kein bisschen müde. Statt dessen tänzelte er zehn Tage den roten Teppich entlang, um zumindest prominente Gäste herzlich zu begrüßen und täglich mit einem anderen Schal aufzuwarten - nicht nur in den Farben (weiß, rot, schwarz) zeigte er sich abwechslungsreich, da sah man Kaschmir und Seide aufblitzen. Lieblingssprüche:
"Nun renn´ doch nicht an mir vorbei. Ich frier´ mir hier den Arsch ab, um dich zu begrüßen!"
... und am Abend vor der Übergabe der Bären auf die Frage: "Was sagen Sie am Ende der Berlinale einschätzend zu dem Festival?" - "Also, Schluss ist erst am Ende, und am Ende sind wir noch lange nicht, aber ja, ich bin zufrieden."

Die Amerikaner - Pressekonferenz-Statements:

Ein Journalist zu Richard Gere ("Chicago"): "Würden Sie bitte kommentieren, dass in einer Zeitung stand, Frauen aus aller Welt hätten einen Orgasmus gehabt, als sie von Ihrer Golden Gobe-Nominierung erfuhren?"
Gere: "Ehrlich gesagt, die Damen neben mir (Catherine Zeta-Jones und Renée Zellweger) haben auch gerade in diesem Augenblick einen Orgasmus. Ich mag es, mit schönen und talentierten Frauen zu arbeiten. Noch jemand hier im Raum zufällig?"

Nicolas Cage zu seiner Doppelrolle in "Adaptation": "Manchmal war ich verwirrt. Ich habe mich plötzlich in der Rolle von Charlie ertappt, obwohl ich doch gerade Donald war. Ich bin schüchtern, wissen Sie? Aber ich arbeite daran." (... sagte er mit gar nicht schüchternem Grinsen.)

George Clooney musste während seiner Pressekonferenz zu seiner Regiearbeit von "Confessions of a Dangerous Mind" zahlreiche Heiratsanträge abwehren ("Ich muss mich aber erst scheiden lassen!"), seine Kollegen ebenfalls. Bei der Pressekonferenz von "Solaris" reagierte er weniger charmant auf den Kommentar eines Journalisten ("Ich fand den Film langweilig."): "You jerk!" (Der Redaktion bleibt vorbehalten, das Wort aus ästhetischen Gründen nicht ins Deutsche zu übersetzen.)

Auf dem roten Teppich - Sehen und gesehen werden war hier das Motto besonders am Eröffnungstag und am letzten Tag der Berlinale. Doch so richtig interessierten sich die Fans nur für einen. Ein Schrei geht durch die Menge, und plötzlich schreien alle. Die Journalisten nicken sich vielsagend zu und lachen über die Hysterie der Frauen. Abgesehen von "George" ist nichts mehr zu verstehen. Plötzlich reißt sich einer der Journalisten los, gibt seinen hart erkämpften Platz auf - alles für ein gutes Motiv. Sämtliche Fotografen jagen ihm nach; der Grund: Clooney gibt Autogramme. Jetzt lachen die Zuschauer, nämlich über die Fotografen, die sich um ein Foto balgen. So geht das drei Tage lang, zur Premiere von "Solaris", bei "Confessions of a dangerous Mind" und am letzten Tag, als Clooney seinen Freund Sam Rockwell begleitet, weil der zum besten Schauspieler gekürt wurde. Zugegeben, die "George"-Rufe wurden zwischenzeitlich durch "Nicole"-Rufe abgelöst. Die Kälte konnten weder die Fans vom Warten noch die Sternchen davon abhalten, in hauchdünner Robe den roten Teppich entlang zu schreiten. Und nu sindse weg, der Clooney und der rote Teppich.

Partys
1. Versuch: Sonnabend 8.2.03
Bad Boys Competition in der Blue Box - die inoffizielle offizielle Berlinale-Party
Man hätte es wissen müssen. Wenn viel Werbung gemacht wird, kann nicht viel dahinter stehen. Schon beim Einlass war zu erfahren, dass diese Party überhaupt nichts mit der Berlinale zu tun hat. Doch, der französische HipHop war ok, und dass man natürlich nicht in den VIP-Bereich durfte, konnte man gerade noch verschmerzen, aber dass die Bad Boys, die zur Auswahl standen (von Xavier Naidoo über Oliver Kahn und Ben Becker bis zu Jürgen Vogel), nicht da waren, tat etwas weh. Patrice, der angeblich Auserwählte, tauchte gegen 2 Uhr 30 auf und ließ sich feiern. Er war der Einzige. Sonst passierte nicht viel, außer dass sich die Leute vermutlich aus Verzweiflung betranken.

2. Versuch: Sonntag 9.2.03
Premierenparty zu "Good bye, Lenin" im Cookies
Volltreffer! Nicht nur der Film war gut, auch die Party. Die Musik, die Leute - das passte einfach. Da traf man dann Jürgen Vogel, nicht das einzige bekannte Gesicht. Armin Rohde, Nikolai Kinski, diverse Stars aus "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", Wolfgang Menardi (Schauspieler am Hans-Otto-Theater), Jessica Schwarz natürlich, die Freundin von Daniel Brühl, und Regisseure und Filmschaffende noch und nöcher. Wer auf Schwierigkeiten beim Einlass stieß, war niemand anderes als der Hauptdarsteller von "Good Bye, Lenin" selbst. Da musste erst ein Gast auf das Plakat hinweisen, bis die Einlasser kapierten, dass sie ihren Job doch etwas zu ernst genommen hatten. Nicolas Cage, dem das Berliner Nachtleben zu gefallen schien, saß unterdessen schon gemütlich im VIP-Bereich. Sein Bekanntheitsgrad liegt wohl eindeutig höher.

3. Versuch: Mittwoch 12.2.03
Premierenparty zu "Heirate mich" in der alten Schwimmhalle Oderberger Straße
Ich hatte den Film nicht gesehen, vielleicht war das ein Omen, denn reinzukommen war trotz vieler Bekannte ohne Karte nicht möglich, aber da gab es ja noch die Radio-Eins-Party. Zwar wusste ich, wie das mit offiziellen Partys ist, aber ich ließ mich nicht abschrecken. Hm. Was zu beweisen war. Kein Bekannter, kein Schauspieler, nichts. Nur ein Typ aus Ingolstadt, der mir erklärte, er fände Berlin so abstoßend, weil da bloß Gesocks rumliefe. Ach so!

4. Versuch: Freitag 14.2.03
Teddy Award im Tempodrom
Nachts um eins fragte niemand mehr nach einer Karte. Und was war drinnen los? Viele Homos, vereinzelt Heteros, überall Stimmung, und jemand sagte zu Recht: "Irgendwie war es letztes Jahr besser."

© POTZDAM 2003 -Text und Fotos: Astrid Mathis